Luftschadstoffe – die unsichtbare Gefahr

Wenn man dieser Tage über die Flughafen Erweiterung spricht, dreht sich die Diskussion überwiegend um den zunehmenden Fluglärm. Natürlich, denn durch Lärm wird man unmittelbar beeinträchtigt.

Weit weniger in der Öffentlichkeit steht die viel gefährlichere Belastung durch Luftschadstoffe, die durch den Flugverkehr entstehen. Gerade weil man diese Schadstoffe nicht ohne weiteres wahrnimmt, gibt es eine erschreckende Gutgläubigkeit seitens der Öffentlichkeit. Dabei wirken diese Schadstoffe extrem gesundheitsgefährdend: 

  • Nervenbeeinträchtigungen (Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel)
  • Augen- und Atemreizungen
  • Beeinträchtigungen des körpereigenen Abwehrsystems sowie der Sauerstoffaufnahme können akut auftreten,

chronische und krebserzeugende Wirkungen können sein:

  • Tumorbildung
  • Förderung von Allergien
  • Herz- und Kreislaufveränderungen


Dankenswerterweise hat Prof. Rainer Friedrich mit seinen Mitarbeitern am Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung ein „Gutachten zur Ermittlung der externen Kosten des Flugverkehrs am Flughafen Frankfurt/Main“ erstellt, das den Geldwert der Auswirkungen der Schadstoffe und des Lärms darstellt:

Schadstoff_Preisliste

Siehe auch hier:

Untersuchungen in Offenbach (W. Paczian, 1999) haben ergeben, dass dort jährlich 33% mehr Frauen und 12% mehr Männer jährlich an Lungenkrebs als im Landesdurchschnitt sterben. An Bluthochdruck starben 36% mehr Männer und 14% mehr Frauen, an Leberzirrhose 40% mehr Männer und 34% mehr Frauen als im Landesdurchschnitt.

Die Lebenserwartung in Offenbach liegt signifikant unter dem Landesdurchschnitt. Ursächlich dafür werden nicht der Kraftstoff, sondern die Additive gemacht (die Untersuchung wurde von Klaus Priester, damals Lehrbeauftragter für medizinische Soziologie an der Uni Frankfurt durchgeführt). Dazu muss man wissen, dass die Additive im Flugbenzin um 25% höher sind als im Vergaserkraftstoff für PKW. Neben vielfältigen Kohlenwasserstoffen werden dem Flugbenzin zahlreiche Zusätze beigemischt, da die Verbrennung bei extrem hohen und niedrigen Temperaturen erfolgen können muss. Bei der Verbrennung können halogenierte oder chlorierte Kohlenwasserstoffe wie PCB, Dioxin, Furane oder Hexachlorbenzol entstehen. Alles Stoffe, die als extrem toxisch und krebserzeugend gelten.

Zusätzlich wird bei besonderen Lagen Kerosin abgelassen, weiteres Kerosin wird in Warteschleifen verbraucht (26.000 Tonnen Kerosin allein von der Lufthansa über Deutschlands Flughäfen, laut Presseerklärung Lufthansa aus dem Jahr 1999). Für die „Südumfliegung“ gibt es derzeit noch keine Studien über den dadurch anfallenden Mehrverbrauch von Kerosin. Schätzungen des Vereins „Lebenswertes Nauheim e.V.“ gehen von 5 Millionen Litern pro Monat zusätzlich für den Umweg aus.

Stickoxyde aus Flugzeugtriebwerken erzeugen bei Starts und Landungen zusätzlich das bodennahe, schädliche Ozon.

Eine groß angelegte Studie um den Flughafen Chicago, die von den benachbarten Vororten in Auftrag gegeben wurde, ergibt, dass sich das Krebsrisiko in weitem Umfeld um den Flughafen auf ein nicht akzeptables Niveau erhöht. Nach dieser Studie erhöhen die Luftschadstoffe des Flugverkehrs das Krebsrisiko auf das 100 fache des US-Zielwertes von 1 zu 1 Million. Vom erhöhten Risiko sind dort 98 Gemeinden betroffen. Die höchsten Risiken gibt es in flughafennahen Gemeinden im Norden und Osten des Flughafens entsprechend der dort vorherrschenden Windrichtungen Süd und West. In einer weiteren Studie wurden Luftproben aus der Umgebung des Flughafens untersucht. Es wurden in Flughafennähe erhöhte Werte an Aldehyden, insbesondere Formaldehyd gefunden, das als wahrscheinlich krebserregend gilt.

Zurück zum Flughafen Frankfurt/Main. Die Fraport hat sich in seinen Schadstoffgutachten viel Mühe gegeben, die Belastung herunter zu rechnen.

Nach RA Matthias Möller-Meinecke (Hauptverhandlung VGH – Flughafenausbau Frankfurt) ist es auffällig, dass die Fraport in den von ihr überarbeiteten Schadstoffgutachten ganz erheblich geringerer Emissionen der flughafenbezogenen Quellgruppen und der nicht-flughafenbezogenen Umlandquellen für alle 3 untersuchten Szenarien angibt, als dies in den ursprünglichen Planunterlagen der Fall war. Starke Abweichungen zwischen dem Ist-Zustand 2000 und dem Ist-Zustand 2005 findet man unter anderem beim Benzol. Hier sind von 34,5 Jahrestonnen aus dem Flughafenbetrieb im Jahr 2000 nur noch 18,2 Tonnen bezogen auf das Jahr 2005 übrig geblieben. Wie sich diese Unterschiede erklären, bleibt ein Geheimnis, zumal sich die Flugbewegungen zwischen 2000 und 2005 erheblich gesteigert haben.

RA Baumann wirft in seiner Presseerklärung vom 27.02.12 der Fraport schwere Übertragungs- und Rechenfehler im Fraport Gutachten vor:

Presseerklärung RA Baumann

Der „Spiegel“ greift in seiner Ausgabe 9/2012 diese Thematik auf. Darin wird dargelegt, dass der bei RA Baumann erwähnte Kieler Wissenschaftler Dr. Hermann Kruse zwar als umstrittener Experte gilt, jedoch auch von der hessischen Landesregierung als Sachverständiger zum Thema Flugzeugabgase beauftragt wurde. Er erstellte im Jahr 1999 zwei Expertisen. Darin verlangte er Messungen, wie viele Schadstoffe durch Flugzeuge in der Region freigesetzt werden. Die Belastung durch krebserregende Stoffe wie z.B. Benzol sowie durch das giftige Stickstoffdioxid sei nach den vorliegenden Daten bereits vor dem Ausbau des Flughafens zu hoch.

Doch die Expertise des Dr. Hermann Kruse blieb ungehört, das geforderte Messprogramm blieb aus. Im Genehmigungsverfahren stützte sich das hessische Verkehrsministerium dann auf eine Toxikologin die vom Flughafenbetreiber Fraport beauftragt worden war (!). Hier der Link zum Beitrag des „Spiegel“

DER SPIEGEL 9/2012 – Risiko aus der Luft

Das Gutachten von Dr. Hermann Kruse finden Sie hier:

Gutachten Triebwerksemmissionen

Einen kritischen Beitrag zum Thema Luft-Schadstoffe hier:

Forum Flughafen – Schadstoffe

und viele, viele andere Seiten im Netz…

Ohne die Beeinträchtigungen durch den zunehmenden Fluglärm jetzt kleinreden zu wollen, ergibt sich bei den Luftschadstoffen doch eine ganz andere Dimension. Hier kann echte Lebenszeit verkürzt werden.

Auch bezüglich der einbezogenen Emissionshöhe, die in Frankfurt/M bei 600 Metern aufhört, bleiben Fragen offen. Der Flughafen Berlin-Schönefeld nahm eine Emissionshöhe von 1000 Metern an.

Auszug aus dem Planfeststellungsverfahren

Es gibt viele Seiten im Netz aber keine echte Sensibilisierung der Bevölkerung. Hier muss viel mehr über die Risiken aufgeklärt werden. Auch die regionale Presse hält sich bei diesem Thema zurück. Dabei geht es hier um echte Gesundheitsrisiken, echte Lebenszeitverkürzungen und enorme Kosten. Trotzdem scheinen die wirtschaftlichen Interessen immer Vorrang zu haben. Leider.

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