FRANKFURT/GROSS-GERAU. Marco Müller, Vorstandssprecher der Grünen im Kreis Groß-Gerau, begrüßt die Zustimmung des Parteirats seiner Partei, Koalitionsgespräche über die Bildung einer Landesregierung mit der CDU in Hessen aufzunehmen. Euphorie sieht er deshalb aber keine angebracht. In seiner Presseerklärung dazu fordert Müller seine Parteifreunde in Wiesbaden zudem auf, an den Verhandlungen über die Zukunft des Frankfurter Flughafens auch Grünen-Vertreter aus den Flughafen-Anrainer-Kommunen zu beteiligen – und nicht auf die Übernahme des hessischen Umweltministeriums zu verzichten.
„Die jetzt beginnenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU sind Folge realistischer Situationseinschätzungen der Grünen, aber sicherlich nicht unsere Wunschvorstellung“, betont der Grüne. Aber wenn man das Hessenwahlergebnis betrachte, müsse man anerkennen, dass die Wählerschaft am 22. September eben keinen klaren Wechsel-Auftrag erteilt habe. Beide klassischen Lager hätten in der neuen Legislaturperiode des Hessischen Landtags keine Mehrheiten mehr. Jetzt müssten eben neue Modelle, auch für die Zukunft, gesucht werden.
Dass eine Koalition mit der hessischen CDU unter Ministerpräsident Volker Bouffier auch nicht seinen ursprünglichen Wünschen im Wahlkampf entspreche, verhehle er ebenfalls nicht: „Wir hatten gerade in der Vergangenheit starke inhaltliche Differenzen, und wir sind auch heute noch lange nicht soweit, diese auf allen Ebenen abzustellen.“ Doch nur bei einer Regierungsbeteiligung sei der Gestaltungsauftrag der Grünen-Wählerschaft auch umsetzbar, erklärt der Kreisvorstandssprecher und bekräftigt: „In 15 Jahren Opposition waren wir die Partei mit den besseren Konzepten für Hessen. Landespolitik gestaltet haben aber immer andere.“
Von historischen Chancen, die ein schwarzes-grünes Bündnis in Hessen eröffneten, mag Müller in dem Zusammenhang aber nicht sprechen. „Ich sehe hier eher einen neuen Pragmatismus“, schreibt er. Denn beide Seiten hätten in zentralen Fragen weiterhin gegensätzliche Standpunkte. Beim Flughafen seien diese sogar diametral. Dennoch ist der Grüne der Auffassung, dass sich daraus ein Gewinn für beide potentiellen Partner und für Hessen insgesamt entwickeln lasse.
Den sich dabei bisher abzeichnenden Kompromiss zum Frankfurter Flughafen sieht Müller allerdings „bisher noch zu weich gefasst“. In den schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen müsse dazu mehr Klarheit geschaffen werden. Denn weder könne man den Flughafen als Wirtschaftsfaktor in Hessen einfach ignorieren noch die Tatsache, dass die damit verbundenen Belastungen für die Bevölkerung vielfach bereits jetzt jedes Maß überschritten hätten. Deshalb brauche es im Koalitionsvertrag ein wirklich starkes Signal sich den Problemen zu stellen. „Die regionalen Flughafen-Anrainer-Kommunen müssen über kommunalen grüne Vertretern auf unserer Seite in die Verhandlungen eingebunden werden“, verlangt Müller.
Aber auch andere wesentlichen Themen dürften nicht vernachlässigt werden: „Der Atomausstieg ist zwar erreicht, Biblis ist abgeschaltet. Aber der Rückbau ist noch zu planen und umzusetzen.“ Einen Verzicht auf das Umweltministerium, wie er in einzelnen Meldungen angeklungen sei, kann sich der Sprecher der Kreisgrünen deshalb nicht vorstellen. „Wir Grüne waren und wir sind die Umweltschutzpartei. Wir sind diejenigen, die den Atomausstieg und die Energiewende in unserem Land politisch überhaupt erst möglich machten. Jetzt gilt es, mit grünen Ideen die Energiewende auch in Hessen für alle zum Erfolg zu machen. Deshalb muss es unser natürlicher Anspruch sein, neben dem hessischen Wirtschaftsministerium auch das Umweltministerium zu erhalten“, mahnt Müller seine Parteifreunde.

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