Mit den Stimmen von CDU, FLN, FDP und Grünen, bei Gegenstimmen und drei Enthaltungen aus der Fraktion der SPD, hat die Gemeindevertretung in Ihrer Sitzung am 12.02.2015 den Doppelhaushalt für die Jahre 2015 und 2016 beschlossen.
Die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Marco Müller im Entwurf:
Sehr geehrter Gemeindevertretervorsteher,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Gemeinde Nauheim hat sich im Jahr 2012 daran gemacht die Haushaltsproblematik der Gemeinde anzugehen, das Jahrelange Defizit der Gemeinde abzubauen und eine Abkehr der Schuldenpolitik einzuleiten. Dazu hat eine Mehrheit dieser Gemeindevertretung den Beitritt zum Kommunalen Schutzschirm beschlossen und einen verbindlichen Abbaupfad vereinbart, der vorsieht, dass ab dem Haushaltsjahr 2016 ein ausgeglichener Haushalt vorliegen muss. Die Entwicklungen im Jahr 2014 sind allen hier noch in guter Erinnerung und haben dieses Ziel ernsthaft in Frage gestellt. Alle Gemeindevertreter die im vergangenen Jahr die schwierige Entscheidung treffen mussten, wie es weitergehen soll, waren sich alleine schon ob Ihrer eigenen Betroffenheit als Bürger und Eigentumsbesitzer darüber im Klaren, dass diese jeden in Nauheim hart treffen. Zu diesem Zeitpunkt blieb der Gemeindevertretung allerdings keine Wahl, da die Alternative einzig und alleine Stillstand und Aufgabe der Kommunalen Selbstverwaltung bedeutet hätten.
Heute ist die Situation im Grunde eine andere.
Es ist richtig, dass mit der Grundsteuer B auf einem Niveau von 960 Punkten die Gemeinde Nauheim an der Spitze aller Kommunen in Deutschland steht.
Es ist richtig, dass die Belastung der Nauheimer Bürgerinnen und Bürger auch mit dem vorliegendem Doppelhaushalt zunächst nicht gesenkt werden kann.
Es ist aber auch richtig, dass mit dem vorliegendem Doppelhaushalt das Ziel „ausgeglichener Haushalt bis 2016“ erreichbar wird – und zwar
- ohne eine weitere Erhöhung der Grundsteuer B,
- ohne eine Anpassung von Gebühren im Bereich der Kindergärten,
- ohne Kürzung bei den freiwilligen Leistungen und
- ohne die angedrohte Einsparung von Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen im Abwasserbereich bei den Pumpwerken.
Möglich wird dies, nachdem die Gemeindevertretung, nach der notwendigen Betrachtung der Einnahmeseite im vergangenen Jahr, in diesem Jahr die Ausgabenseite betrachtet hat. Über die vergangenen 5 Jahre waren die Ansätze im Bereich der Sach- und Dienstleistungen immer höher, als die tatsächlichen Aufwendungen im Jahresabschluss nachweisen konnten. Dabei lagen die Abweichungen im Mittel bei knapp über einer und die absoluten Beträge im Mittel nicht bei mehr als 4,2 Millionen Euro. Der eingebrachte Haushalt wies dabei noch einen Haushaltsansatz von 4,79 Millionen Euro auf. Durch den Beschluss der Gemeindevertretung diesen Ansatz um 300.000 Euro zu kürzen, zwingt die Politik die Verwaltung erstmals auch mit der Aufstellung einer Haushaltssatzung zum aktiven Sparen.
Um diese Latte heute schon einmal etwas höher zu legen: Bedenkt man, dass mit jetzt 4,49 Millionen Euro immer noch knapp 300.000 Euro zusätzliches Einsparvolumen gegenüber dem bisherigen Mittel vorhanden ist, bin ich zuversichtlich, dass auch der Haushalt 2015 bei entsprechender Anstrengung ausgeglichen sein kann, nachdem dies für den Haushalt 2014 vom Bürgermeister bereits in Aussicht gestellt wird.
Unter den Gesichtspunkten einer verlässlichen Haushaltsplanung, basierend auf konservativ geplanten Einnahme- und konsequent auf Kostenoptimierung getrimmten Ausgabeansätzen, kann auch ich erstmals nicht mehr bestreiten, dass eine Grundsteuersenkung mittelfristig nicht im Bereich des Möglichen liegt. Allerdings immer mit dem mahnenden Zeigefinger, dass unvorhergesehene Ereignisse das Haushaltsergebnis negativ beeinflussen und äußere Einflüsse uns schnell zurückwerfen können, wie wir dies bereits im vergangenen Jahr negativ erleben mussten. Die Fraktion der Grünen wird auch in Zukunft daran festhalten, dass für uns die oberste Priorität auf einem gesunden Haushalt liegt und darauf drängen, dass der Erhalt und die Gestaltung der Gemeinde nicht aus den Augen verloren werden darf. Im Vorfeld einer zu führenden Senkungsdiskussion ist es aus unserer Sicht daher notwendig darüber zu sprechen, was Gemeinde und Gemeinschaft eigentlich für uns bedeutet und wie wir mit diesem Thema umgehen wollen. Zukunftsgerichtete Themen sind dann zu suchen in
- der Kinder- und Jugendbetreuung & –förderung,
- der Vereinssozialarbeit und
- der Familienförderung,
- aber auch in grundsätzlichen Fragen des Erhalts, der Sanierung und des Ausbaus von Einrichtungen, Straßen und Gemeinschaftsplätzen.
Die zentrale Frage dabei ist: Was kann und was muss die Politik gestalten, um Nauheim lebenswert zu halten und lebenswerter zu machen? Mit und nicht gegen die Bürger.
Einen wichtigen Punkt in diesem Zusammenhang können wir heute auch beantworten:
Kann eine Schutzschirmgemeinde sich weiterentwickeln, kann eine Schutzschirmgemeinde noch investieren? Sie kann.
Die Bürger die die Politik in den vergangenen Monaten immer gefragt hat, warum wir den Marktplatz verkaufen, bewegt doch eigentlich vielmehr:
Warum verkauft man einen Marktplatz, wenn man mit dem Geld hinterher nichts machen kann?
Wir beantworten heute genau diese Frage mit einem Beschluss für die Entwicklung eines Investitionsplans, der nur dann funktionieren kann, wenn der Marktplatz verkauft wird. Einem Investitionsplan, der über drei Jahre hinweg entwickelt werden soll und der aufzeigt, dass auch eine Schutzschirmgemeinde noch in der Lage ist sich weiterzuentwickeln, der aufzeigt, dass wir in unsere Vereine investieren wollen und der aufzeigt, wie wir notwendige Investitionen in den Brandschutz stemmen können, ohne uns erneut hoch zu verschulden.
Bevor ich Sie jetzt bitte dem Haushalt ihre Zustimmung zu erteilen, möchte ich noch ein paar persönliche Worte an die Fraktion der SPD richten:
Nicht alles, was in dieser Gemeinde passiert, liegt in der Alleinverantwortung eines Bürgermeisters Jan Fischer. Die Gemeindevertretung ist das Kontrollorgan der Verwaltung. Die Gemeindevertretung hat über die vergangenen Jahre mit verschiedenen Mehrheiten operiert und gearbeitet. Keine Gemeindevertretung dieser Zeit hat zuvor den Mut aufgebracht, den es im vergangenen Jahr brauchte, um harte Beschlüsse zu fassen. Kein Mitglied der heutigen Gemeindevertretung sollte dabei außer Acht lassen, dass die fehlende Mutlosigkeit davor Parteiübergreifend vorhanden war und sich nicht an schwarz, rot, grün, gelb oder sonstigen Farben festmachen lässt. Jahrelang wurden notwendige Beschlüsse nicht gefasst und Fehler nicht erkannt. Die Folgen daraus sind bekannt und nur allzu präsent. Dies nun einzig und alleine einem Bürgermeister Jan Fischer anzulasten ist aus meiner Sicht unredlich und unfair. Im Gegenteil ist es so, dass wir froh sein sollten die Fehler nun zu erkennen und zu beheben. Ich kann hierbei die Leistungsbereitschaft des Bürgermeisters seit dem März des vergangenen Jahres nur anerkennen und bewundern. Es kommt nicht selten vor, dass ich Mails erhalte deren Absendezeit weit nach 23 Uhr abends oder weit vor 8 Uhr morgens liegt. Dass darunter solche Dinge wie Familie leiden, kann man sich vorstellen. Dass nicht immer alles zu genüge und rechtzeitig funktioniert wurmt uns ebenfalls. Dass manche Dinge, die versprochen sind, dann doch nicht kommen ist ein Problem. Dass aber mit dieser Leistungsbereitschaft die Unterstellung einhergeht, dass er sich lediglich auf der Karriereleiter in Richtung Wiesbaden oder Berlin aufschwingt, ist in meinen Augen grotesk.
Für uns, und jetzt spreche ich auch für die Fraktion, befinden wir uns in der Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister auf einem guten Weg, der oft auch im streitbaren, aber immer auch fairen Rahmen verläuft. Die Gemeinde kann in unseren Augen darüber froh sein, dass sie einen Bürgermeister hat, der sich zumindest in den wichtigen Belangen mit so viel Engagement dafür einsetzt die Dinge zu verbessern. An den Fehlern müssen wir alle arbeiten im Kleinen wie im Großen. Wenn ein Bürgermeister sich aber unter diesen Bedingungen klar dazu bekennt seine Amtszeit verlängern zu wollen, zollt dies meinen Respekt und unter den gegebenen Umständen sicherlich auch meine Unterstützung für diesen Schritt.
Ich bitte sie dem vorliegendem Haushalt zuzustimmen.

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