Haushalt und Haushaltsrede 2019

Am Donnerstag, den 28. Februar 2019 hat die Gemeindevertretung in Ihrer 2. Sitzung im Jahr 2019 mehrheitlich den Haushalt für dieses Jahr genehmigt. Die Fraktion der FDP hat sich bei der Haushaltsaufstellung enthalten, die Fraktion der Grünen hat den Haushalt abgelehnt.

Das Manuskript zur Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Marco Müller findet Ihr hier vollständig. Es ist anzumerken, dass das gesprochene Wort gilt und die Rede in der Gemeindevertretung nicht abgelesen wurde, so dass einige Passagen hier anders wiedergegeben sind, wie am Donnerstag gehalten.

Sehr geehrter Herr Gemeindvertretervorsteher,

Sehr geehrter Bürgermeister,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Mitbürgerinnen und –bürger,

Die Haushaltsaufstellung 2019 kann man am Ende zusammenfassen unter dem Motto „Lieber nicht diskutieren“. War es in der ersten Runde in Januar und Februar, der SPD-Antrag, die Haushaltsberatungen an den Gemeindevorstand zurückzuverweisen, war es am Ende eine ganz große Mehrheit von drei Fraktionen, die im einzigen Haushaltsausschuss – dem HFA am Montag – über den Haushalt am liebsten gar nicht mehr debattieren wollte. Der Haushaltsausgleich war „geglückt“ oder besser vom Gemeindevorstand übers Knie gebrochen worden.

Wenn man sich die Entwicklung des Haushalts auf einem Zeitstrahl anschaut, ist dies eine beachtliche Leistung. Noch im ersten Entwurf im Oktober – es ist ja kein Geheimnis mehr, dass dieser Rohentwurf den Fraktionen vorlag nachdem Zahlen bereits ein paar Tage später auf der Jahreshauptversammlung einer der beiden großen Parteien in die Rede einfloss, lag das Defizit bei über 1 Million Euro. Im zweiten und dann eingebrachten Haushaltsentwurf waren es am Ende immer noch 722.000 Euro Minus und zur Haushaltseinbringung stand das Motto „mehr sieht der Vorstand nicht und man wolle die Diskussionen nicht behindern“.

Ziel war es, dass die Fraktionen nun darüber bestimmen sollten, wie der Haushaltsausgleich zustandekommt. Das Ergebnis kennen wir. Am Ende war es doch der Gemeindevorstand, der einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt und der nach einer interfraktionellen, man könnte auch sagen Hinterzimmer-, Sitzung fast ohne Diskussionen im Haupt- und Finanzausschuss beschlossen wurde.

Es ist Usus, dass aus Ältestenratsitzungen nicht berichtet wird. Ich mag und ich kann diese Abläufe aber auch nicht unkommentiert stehen lassen. Es ist in den Haushaltsberatungen erster Teil viel über „konstruktive Mitarbeit“ oder aber „mangelnde Arbeitsbeteiligung“ gesprochen worden. Ziel von Anschuldigungen war hier oft die Fraktion der SPD. Auch das sollte man so nicht alleine stehen lassen.

Grundlage der Haushaltsverschiebung im Ältestenrat vom 07. Februar vor der Gemeindevertretersitzung war es, dass der Vorstand bis zu dieser Sitzungsrunde eine überarbeitete Fassung des Haushaltsplanes vorstellt, in der alle Punkte eingearbeitet sind, die als gemeinsamer Konsens gelten.

  • Konsens war es, dass man die CDU Anträge zu Hebeanlage im Rathaus, der Notstromversorgung und den Urnenwänden einarbeiten kann.
  • Konsens war es, dass beim Thema Fachplaner eine Überarbeitung stattfindet, die den tatsächlichen Anforderungen gerecht wird.
  • Konsens war es, im Bereich Bauhof noch Kosten einzusparen, die einerseits das Thema Verlagerung aufgreift, andererseits aber auch Stellenansätze berücksichtigt.
  • Konsens waren kleinere Posten in der Verwaltung an Mitteln zu verschieben.

KEIN Konsens war es aber schon, die Mittel für die Schulkindbetreuung um 335.000 Euro zu kürzen. Der EINSTIMMIGE Beschluss des HFA vom 04. Februar war dahingehend ausgelegt, dass man die Stellenanteile um 134.500 Euro kürzt und damit entsprechend die qualitative Ausstattung für aktuell 135 Kinder auf das Niveau hebt, dass vorher für 100 Kinder galt[MM1] .

KEIN Konsens war es, auch die Mittel aus den Investitionszusagen der Hessenkasse aus dem investiven Teil des Haushalts fast vollständig in den Ergebnishaushalt zu überführen und mit diesen Mitteln einen Haushaltsausgleich über 4 Jahre darzustellen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Punkte, die eingearbeitet wurden, die diskutabel wären. So wurde pauschal bei den Stellenanteilen der Kindergärten 2% der Gehälter gekürzt mit dem Verweis auf Erfahrungswerte bei Fluktuation und Stellennachbesetzung. Bei den Bankzinsen für den Ausbau des Sportkindergartens wurden gemäß aktueller Vorstandsvorlage die „Zinsen gestreckt bzw. auf eine längere Tilgungsphase ausgelegt“.

KEIN Konsens war es darüber hinaus, im Bereich der Pflege des Sportparks bis 2022 pro Jahr mehr als 25.000 Euro zu sparen und damit die Pflege und Instandhaltung gemeindlichen Eigentums fast vollständig in die Hand der Vereine zu legen.

Alles Punkte, die förmlich nach einer tiefergehenden Debatte schreien. Passiert ist: nichts! Eine gestalterische Beteiligung der zustimmenden Fraktion von SPD, CDU und FLN fand am Ende faktisch nicht statt. Eigene Vorstellungen bei der Gestaltung des gemeindlichen Haushalts durch die SPD-Fraktion gab es selbst in der „Lesung 2“ gar nicht.

Im Gegenteil. Die Position zur Schulkindbetreuung wurde geräumt, die Kürzung der Mittel um 335.000 Euro mitgetragen. Wichtig in der Debatte am Montag war es, darauf Wert zu legen, dass man keinen „Sitzungssaal“ baue.

Nun gut, in den aktuellen Unterlagen heißt es ja auch Bürgersaal, bzw. Mehrzweckraum. Nur: können und dürfen dort dann künftig keine Sitzungen mehr stattfinden? Ein Saal bleibt ein Saal; und nur weil man ihn freundlicherweise anders nennt, wird es keine andere Einrichtung.

Eines bleibt uns durch die Neubezeichnung allerdings erspart! Dieser Saal muss nicht mehr nach einer einzelnen Person des öffentlichen Lebens benannt werden, er trägt schon den Namen dessen, der das wichtigste dafür gibt: Der Bürgersaal! Finanziert von der Grundsteuer der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Nauheim!

Bevor ich am Ende zum Thema Grundsteuer B und damit auch zur Frage von Herrn Brugger aus der letzten Bürgerfragestunde komme, möchte ich an dieser Stelle aber noch mit meinen Ausführungen zu den Haushaltsberatungen fortfahren.

Kommen wir mal zu dem Teil, den man der SPD nicht anlasten kann. Es ist nämlich nicht so, dass die Fraktion den Gesprächsfaden hat abreißen lassen. Es gab Kontakt, zumindest zwischen Grünen und SPD, zu einzelnen Punkten und man hat diese trotz Differenzen zu einzelnen Punkten konstruktiv diskutiert.

Erstaunt sind wir vielmehr über das allgemeine Verhalten im Vorfeld der letzten Sitzungsrunde. Am 17. Januar haben die Grünen auf eine dringende Anfrage zum Thema eine Antwort aus der Verwaltung erhalten, versehen mit der Anfrage, ob die Fraktion der Grünen bereit wären mit den Fraktion der CDU und der FLN auszuloten, ob gemeinsam ein Haushaltsausgleich möglich wäre. Mit den jeweiligen Fraktionsvorsitzenden sei das Vorgehen schon abgesprochen. Wir als Fraktion haben diesen Vorschlag nach intensiver Diskussion aufgegriffen, jedoch die Vorbedingung gestellt, dass ALLE Fraktionen eingeladen werden und entsprechend mit zwei Vertretern anwesend sein sollten. Wie alle Fraktionen wissen, kam dieses Treffen nicht zustande. Man darf fragen, ob es überhaupt gewollt war? Anstelle dessen gab es im Vorfeld zum HFA das Treffen CDU, FLN und Bürgermeister mit entsprechendem Antrag zum Sportpark.

Wenn man der SPD vorwirft, nicht konstruktiv am Haushalt mitzuarbeiten, sollte man nicht verschweigen, dass man eine konstruktive und inhaltliche Zusammenarbeit auch gar nicht anstrebt.

Für die Fraktion der Grünen hatten wir im Januar drei Punkte definiert, die für uns für die Zustimmung zu Haushalt essentiell waren:

  • Der Haushalt muss unter dem Strich ausgeglichen sein.
  • Jegliche Steuer- und Gebührenerhöhung (insbesondere bei den Betreuungsgebühren) ist für uns ausgeschlossen.
  • Die Errichtung eines Mehrzweckraums im Untergeschoss des Sportkindergartens kann von uns nicht mitgetragen werden.

Unter dem Strich muss man festhalten, dass der Haushalt am Ende nicht nur im Jahr 2019, sondern in der mittelfristigen Planung auch für die Folgejahre ausgeglichen ist. Erreicht wird dies allerdings nur und ausschließlich durch die Einrechnung von 1,6 Millionen Euro Investivmitteln aus dem Regionalfonds Flughafen und weiteren 1,6 Millionen Euro Investitionszuschüssen aus der Hessenkasse.

Formal werden mit dem Beschluss über den Haushalt keine Steuern und keine Gebühren.

Und man muss konstatieren, dass es sehr wohl eine Erhöhung von Betreuungsgebühren gibt. Auf der einen Seite sind dies das Mehr an Gebühren, die künftig Eltern beim TV Sportkindergarten bezahlen, die dort den 2/3-Platz in Anspruch nehmen. Dieser ist nämlich nur in gemeindlichen Einrichtungen Gebührenbefreit. Und zum anderen ist dies die indirekte Gebührenerhöhung, die nicht monetär, sondern qualitativ bemessen werden muss. Hier wird der Betreuungsumfang in der Zahl der Kinder um 35, bzw. ab Sommer um 60% erhöht, während gleichzeitig der Personalausstattungsansatz um 5% abgesenkt wird. Diesen Preis zahlen Kinder und Eltern, die auf diese Plätze angewiesen sind gleichermaßen.

Und ich möchte an dieser Stelle noch einmal festhalten: Es liegt nicht an der Aufhebung einer seit 2014 nicht mehr existierenden Mindestverordnung durch den Verzicht auf eine Betriebserlaubnis. Die Gemeindevertretung hat 2013 eine vom Kinderförderungsgesetz unabhängige Qualitätssicherung beschlossen, die für alle Kindergärten und Betreuungseinrichtungen gilt. Die Gemeindevertretung hat darüber hinaus im vergangenen Jahr eine Budgeterhöhung um 135.000 Euro beschlossen, die auch die finanzielle Ausstattung abgesichert hätte. Dieses Geld wurde seitens der Verwaltung nicht in Anspruch genommen.

Und es bleibt letztlich die Errichtung eines überteuerten Kindergartenausbaus und der Integration eines „Wie auch immer wir ihn am Ende nennen“-Saals, der von den Bürgerinnen und Bürgern bezahlt werden muss. Ein Saal ohne ausreichend Tageslicht, der bis heute keine Zweckbestimmung hat und daher eigentlich gar nicht notwendig ist.

Wie die FDP in ihrem Antrag darstellt, würde alleine der Verzicht auf diesen Saal Einsparungen derart ermöglichen, dass die Grundsteuer um 30 Punkte gesenkt werden könnte. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass der reine Kindergartenbau beim TV nur 40-60 Plätze schafft und somit die Kosten pro Platz je nach Ansatz zwischen 62.500 und 93.750 Euro kosten. Wir Grüne sind darüber hinaus davon überzeigt, dass sich die Pro-Kopf-Kosten in einer gemeindlichen Einrichtung positiv nach unten entwickeln ließen, während sie beim Sportkindergarten insgesamt steigen werden.

Wir verlassen mit der Haushaltsaufstellung aus unserer Sicht den Pfad einer gerechten Haushaltsführung und die Verpflichtung des verantwortungsvollen Umgangs mit dem Geld der Gemeinde und ihrer Bürger.

Was uns zu diesen Haushaltsberatungen in Erinnerung bleibt, ist

  • eine intransparente Politik gegenüber dem Bürger,
  • eine mangelnde Debattenkultur, in der Grundsatzdiskussionen keine Rolle mehr spielen und
  • die fehlende Ausrichtung auf die Probleme, die die Gemeinde immer noch hat. Nämlich der strukturell defizitären Finanzlage, wenn man von den Sonderzuschüssen des Landes mal absieht.
  • Und letztendlich: Die Grundsteuer B scheint akzeptiert zu sein. Durch den exorbitant hohen Hebesatz werden Begehrlichkeiten geweckt. Anstatt effizient mit den Mitteln umzugehen, wird aus dem Vollen geschöpft.

Die Fraktion der Grünen wird den Haushalt 2019, den Investitionsplan für die Jahre 2018-2022 und die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzepts für das Jahr 2019 aus diesen Gründen ablehnen.


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