Haushaltsrede 2022

Sehr geehrter Gemeindevertretervorsteher,

Sehr geehrter Bürgermeister,

Liebe Gemeindevertreter*innen,

Liebe Bürger*innen,

„Besondere Zeiten erfordern immer noch besondere Maßnahmen.“

Es hat schon fast etwas von Murmeltiertag, wenn wir auf die letzten beiden Jahre zurückblicken.

In diesem Jahr ist die Lage durchaus noch ambivalenter als im Vorjahr. Die Inzidenzen haben in der letzten Woche noch ihren Höchststand erreicht. Und trotzdem ist die Perspektive eine andere. Wir laufen auf ein Frühjahr und einen Sommer zu, der uns alle Hoffnung auf ein wenig mehr „Leben“ macht. Corona hat mit seiner aktuellen Variante Omikron ein wenig seinen Schrecken verloren. Neben hohen Inzidenzen gibt es niedrige Hospitalisationszahlen, die allein auf Corona zurückgehen. Oft ist die Infektion nur die sekundäre Diagnose bei einer anderen Behandlung. Die Belegungszahlen auf den Intensivstationen sind im Vergleich zur Delta-Welle niedrig. Das bedeutet nicht, dass wir sorglos sein sollten. Wir müssen daran denken, dass auch milde Verläufe sich für einzelne immer noch wie ein schwerer Niederschlag anfühlen, die Erkrankung auch mehrere Wochen lange am Körper zehren kann und nicht jeder von Long- oder Post-CoVid-Symptomen verschont bleibt. Und der Umgang mit dem Virus bedeutet auch immer noch, dass Menschen, insbesondere in den vulnerablen Gruppen, am Coronavirus sterben.

Und dann gibt es eben auch Menschen, die in dieser Pandemie besonderen Bedingungen ausgesetzt sind. Exemplarisch benennen, möchte ich hier das Pflegepersonal in den Kliniken und Heimen, das Personal in den Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, dem Personal im Katastrophenschutz und in den Rettungsdiensten. Klatschen kann und darf nicht genug sein. Es muss mehr als Applaus geben und daran müssen wir die Entscheidungsebenen in Land und Bund auch von unserer kommunalen Seite her immer erinnern. Dazu kommen aber auch insbesondere Familien, Kinder und Jugendliche, die unter der Pandemie besonders leiden. Zu keinem Zeitpunkt standen deren Lebensumstände prioritär im Mittelpunkt. Oft galt und gilt hier Verzicht auf den Besuch bei älteren Verwandten, Verzicht als erste Maßnahme. Verzicht auf Schule und Betreuung. Verzicht auf Aktivitäten mit Freunden. Verzicht auf eine Kindheit und Jugend, wie wir sie noch kannten oder meinen zu kennen.

Ich möchte an dieser Stelle all diesen Menschen meinen persönlichen Dank aussprechen. Denn Dank ist notwendig. Dank dafür, dass „der Laden noch nicht auseinandergebrochen ist.“ Dank dafür, dass wir als Gesellschaft auch diese Pandemie bisher so gut überstanden haben und überstehen.

Im vergangenen Jahr haben wir uns gemeinsam dazu entschlossen, den Haushalt bei einer rechnerischen lokalen Inzidenz in Nauheim von 140,1 (bei 97,2 im Gesamtkreis Groß-Gerau) beschlossen. Ich habe damals kritisiert, dass der Haushalt sicher nicht eilbedürftig sei und man die Beschlussfassung nicht über das Knie brechen müsse. Heute haben wir im Kreis Groß-Gerau eine Inzidenz von 978,6 (in der Gemeinde Nauheim eine rechnerische Inzidenz von 1.505) und sind doch entspannter. Die Voraussage im letzten Jahr war, dass viele Dinge, die wir damals eingeplant haben, im vergangenen Jahr nicht mehr begonnen werden und sich entsprechend in den Folgejahren wiederfinden werden. Und so ist dies auch der Fall, dass eben vieles, was schon längst fertig sein sollte, sich aus vielen verschiedenen Gründen verschoben haben. Genannt werden darf hier beispielsweise die Leichtathletikanlage, die nun in diesem Jahr hoffentlich endlich angegangen werden kann. Positiv zu nennen ist dennoch die Umsetzung des Ausbaus der Bushaltestellen in Nauheim auf einen Barrierefreien Standard. Hier sind die ersten Dinge umgesetzt und wir sehen, dass sich etwas bewegt. Aber auch hierin enthalten sind am Ende Überträge in den neuen Haushalt, die sich wiederfinden werden.

Nach aktueller Planung für das Haushaltsjahr 2022 ist in diesem Jahr erstmals seit vielen Jahren wieder mit einem Rückgang der Kredite im Kernhaushalt zu rechnen. Zum Jahresbeginn 2022 beträgt der Stand der Verbindlichkeiten noch 15.166.637,99 Euro. Zum Jahresende sollen dies trotz vieler großer Investitionsposten „nur“ noch 14.993.017,48 Euro sein und der Stand der Kassenkredite in diesem Jahr den Wert von 1.000.000 Euro nicht überschreiten. Möglich macht dies eine stringente Haushaltsführung mit konservativen Ansätzen, die Bezuschussung durch Regionalfonds, Hessenkasse und anderen Fördermitteln und einer guten Portion zeitlichem Verzug.

Dazu kommt aber auch weiterhin eine im kommunalen Vergleich immer noch hohe Grundsteuer, die als Basiseinnahme genutzt und gebraucht wird. Wir sind hier schon seit mehren Jahren nicht mehr Spitzenreiter in Hessen und in Deutschland und viele Kommunen stoßen inzwischen auch in unserem Umfeld in diese Regionen vor. Trotzdem stellt sie im Kreis Groß-Gerau weiter in relativen Zahlen den höchsten Hebesatzwert dar. In den vergangenen Jahren haben wir als Grüne Fraktion es immer vermieden Versprechungen zu tätigen, die eine Absenkung der Grundsteuer B in Aussicht stellen. Als Person Marco Müller habe ich mich auch nie vor der Aussage gedrückt, dass ich persönlich nicht mit einem Absinken der Grundsteuer B in signifikantem Maße rechne. Ich kann mir auch im jetzigen Umfeld, den anstehenden Zukunftsaufgaben und vor dem Hintergrund der durchaus notwendigen Wünsche und Forderungen aller Fraktionen in der Gemeindevertretung nicht vorstellen, dass dies in den kommenden Jahren möglich sein wird.

Schon heute ist klar, dass auch die Jahresergebnisse bis 2025 in der mittelfristigen Finanzplanung ausgeglichen sein werden. Ändern könnte sich am Ende für den einzelnen die Betroffenheit bei der Grundsteuer. So viel Ehrlichkeit sollten wir vielleicht auch einmal an den Tag legen. Wenn das Gesamtaufkommen an der Grundsteuer B gleichbleiben

 soll und die Neubewertung von Grundstücken und Gebäuden Veränderungen bei den Faktoren der Kalkulation ergibt, wird es am Ende Gewinner, aber eben auch Verlierer geben müssen. Wir haben als Fraktion vorgeschlagen, dieses Thema auch zeitnah in einer Bürgerversammlung aufzugreifen und die Bürger*innen Nauheims bei der Erstellung ihrer „Grundsteuererklärung“, die im Jahr 2022 ansteht zu unterstützen. Und sei es informativ in dem wir das Land dazu auffordern in solch einer Versammlung Rede und Antwort zu stehen.

Auch dieser Haushalt ist wieder so etwas wie eine Art Übergangshaushalt. Aber anders als in den beiden Pandemiejahren nicht nur mit einer Ungewissheit, was angegangen und umgesetzt werden kann, sondern viel mehr als Übergang zu einem neuen Planungs- und Konzeptionsverhalten. Die Gemeindevertretung hat in den vergangenen Jahren viele Grundlagen geschaffen, die eine bessere Steuerung und einen gewissen antizipatorischen Blick in die Zukunft ermöglichen. Die regelmäßige Berichterstattung zu finanziellen und verwaltungsplanerischen Rahmenbedingungen, ermöglichen auch der Gemeindevertretung jetzt noch mehr aktiv in das Geschehen einzugreifen. Insbesondere beim Thema Kinderbetreuung tut dies Not, wenn man sich die aktuelle Warteliste anschaut und beim Blick in die Zukunft auch die Veränderung in den Teilhabequoten nicht aus den Augen verliert. Wir müssen aus einer Haltung der Reaktion wieder in das Verhalten der Aktion kommen. Vorausschauend Planen, Handeln und gemeinsam Agieren!

Wie schon 2021 die alte Fraktion, begrüßt auch die neue Fraktion der Grünen ausdrücklich, dass auch der Haushalt für das Jahr 2022 ohne Anhebung von Steuern und Gebühren auskommt und die Bürger*innen der Gemeinde somit nicht höher belastet werden müssen.

Es ändert sich letztlich auch an den inhaltlichen Punkten, die unsere Arbeit und die der anderen Fraktion in der Gemeindevertretung betreffen, nur wenig. Wir müssen und wir können nur mit dem haushalten, was vorhanden und seriös verausgabt werden kann. Wir alle können nicht immer unsere inhaltlichen Vorstellungen so umsetzen, wie wir uns das vielleicht wünschen. Und wir alle müssen uns immer wieder neu orientieren, wenn es darum geht Mehrheiten zu einzelnen Projekten und Anträgen geht.

Auch der Haushalt 2022 auch in diesem Jahr am Ende wieder ein Stück in der Musikgemeinde sein, dass das „Orchester Gemeindevertretung“ gemeinsam gespielt hat, wenngleich nicht immer die gleichen Noten vorlagen und einzelne Passagen für den geneigten Zuhörer Misstöne erkennen lassen. Dennoch ist es ein Stück, dass die Fraktionen der Gemeindevertretung gemeinsam gespielt haben.

Die Fraktion der Grünen wird dem vorgelegten Haushaltsplan, der Haushaltssatzung und dem Investitionsplan auch in diesem Jahr zustimmen!

Danken möchte ich zum Abschluss allen Mitarbeiter*innen in der Gemeindeverwaltung, die uns ein weiteres Jahr unterstützt und ertragen haben. Dies war sicher wie immer nicht leicht. Aber ohne Ihre Unterstützung wäre unsere Arbeit sicher nicht möglich. Vielen Dank.

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