Gemeinsamer Antrag „Gemeinde Nauheim wird sicherer Hafen“

Gemeinsamer Antrag von Grünen und SPD

Antrag:

Die Gemeindevertretung möge folgendes beschließen:

Das Gemeindeparlament unterstützt wie zahlreiche andere Kommunen der Bundesrepublik die Initiative ‚Seebrücke – Schafft sichere Häfen‘. Auch die Gemeinde Nauheim ist bereit, weiterhin Geflüchtete freiwillig aufzunehmen. Deshalb erklärt sich die Gemeinde Nauheim offiziell zum Sicheren Hafen für Geflüchtete. Damit bekräftigen die Gemeinde und ihre Bevölkerung die bis-her gelebte Praxis einer Willkommenskultur. Die Gemeinde Nauheim appelliert an die Bundesregierung, sich verstärkt für die Bekämpfung der Fluchtursachen einzusetzen, insbesondere für eine gerechtere und effektivere Entwicklungs-und Klimaschutzpolitik, und dafür, dass die Menschen auf dem Mittelmeer gerettet und menschenwürdig in Europa verteilt und untergebracht werden.

Abschottung und Menschenrechtsverletzungen an den europäischen Grenzen sind keine legitimen politischen Mittel. Die Blockierung der zivilen Seenotrettung durch europäische Staaten und die Kriminalisierung der Seenotretter*innen müssen umgehend beendet werden. Die europäische Staatengemeinschaft muss ihrer Verantwortung bei der aktiven Seenotrettung gerecht werden und darf sich nicht auf die Arbeit Dritter, etwa der sogenannten ‚libyschen Küstenwache‘ verlassen oder den Tod von Menschen in Kauf nehmen.

Die aktuell katastrophalen Bedingungen in den Lagern auf den griechischen Inseln erfordern ein sofortiges Handeln auf allen Ebenen. Angesichts der Situation der Menschen in Moria und den anderen Lagern an den europäischen Außengrenzen müssen alle zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft werden, um den dort gestrandeten Menschen schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten.

  1. Sicherer Hafen: Die Gemeinde Nauheim erklärt sich zum Sicheren Hafen und bekräftigt ihre Solidarität mit Menschen auf der Flucht. Sie setzt sich für sichere Fluchtwege, staatliche Seenotrettungsmissionen und eine menschenwürdige Aufnahme von Schutzsuchenden ein.
  2. Aktive Unterstützung der Seenotrettung Die Gemeinde Nauheim positioniert sich gegen die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer.
  3. Aufnahme zusätzlich zur Quote Die Gemeinde Nauheim stellt die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen bzw. von Menschen, die in Lagern an den EU-Außengrenzen festsitzen, sicher. Diese Aufnahme erfolgt zusätzlich zur Verteilungsquote von Asylsuchenden (Königsteiner Schlüssel). Für die konkrete Umsetzung dieser zusätzlichen Aufnahmen wird sich die Gemeinde Nauheim mit dem Bundesinnenministerium, dem hessischen Innenministerium und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verständigen.
  4. Unterstützung für Aufnahmeprogramme Die Gemeinde Nauheim begrüßt die bestehenden Programme auf Landes- und Bundesebene zur Aufnahme von Schutzsuchenden. Sie setzt sich gegenüber dem Bundesland Hessen für die wie im Koalitionsvertrag bereits festgeschriebene Einrichtung eines neuen Landesaufnahmeprogramms von Geflüchteten ein und bietet dafür selbst zusätzliche Aufnahmeplätze an.
    1. Die Gemeinde Nauheim fordert die hessische Landesregierung auf, ein eigen-ständiges humanitäres Aufnahmeprogramm für geflüchtete Menschen gemäß §23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz einzuführen und damit Flüchtenden die sichere Einreise nach Deutschland und einen gesicherten Aufenthalt zu ermöglichen.
    2. Die Gemeinde Nauheim fordert die hessische Landesregierung und die Bundesregierung auf, im Rahmen des Resettlements gemäß § 23 Absatz 4 Aufenthaltsgesetz und anderen Programmen zur sicheren Aufnahme von Flüchtenden dauerhaft und verlässlich erheblich höhere Aufnahmequoten als bisher zu vereinbaren. Nur so kann Deutschland seiner Verantwortung nachkommen, Menschen die Flucht auf gefährlichen illegalisierten Wegen zu ersparen.
  5. Solidarische Kommune Die Gemeinde Nauheim tritt für Bleibeperspektiven ein und setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen Abschiebungen ein. Sie ist nicht nur Sicherer Hafen, sondern zugleich Solidarische Stadt für alle Menschen.
  6. Kommunales Ankommen gewährleisten Die Gemeinde Nauheim sorgt für ein langfristiges Ankommen der Schutzsuchenden, indem sie insbesondere in den Bereichen Wohnen, Gesundheit und Bildung alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung zur Verfügung stellt und ihre gesellschaftliche und politische Teilhabe sicherstellt.
  7. Kommunales Bündnis ‚Städte Sicherer Häfen‘ Die Gemeinde Nauheim setzt sich auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv für die Umsetzung der oben genannten Punkte ein. Sie tritt dem kommunalen Bündnis ‚Städte Sicherer Häfen‘ bei und beteiligt sich am Bündnis aller Sicheren Häfen in Europa zur aktiven Gestaltung einer menschenrechtskonformen europäischen Asyl- und Migrationspolitik
  8. Transparenz Die Gemeinde Nauheim veröffentlicht alle unternommenen Handlungen, mit denen sie zu einem Sicheren Hafen wird. Die Gemeinde Nauheim informiert ihre europäischen Partnerstädte und Partnergemeinden über diese Resolution.
  9. Vorzugswürdige Schutzbedürftige Die Gemeinde Nauheim möchte mit ihrem Engagement als ‚Sicherer Hafen‘ insbesondere diejenigen Schutzbedürftigen unterstützen, die auf den üblichen Fluchtwegen eine Minderheit darstellen und die selbst aufgrund der Erschwernisse nur sehr schwer in sichere Regionen fliehen können. Dazu gehören insbesondere Frauen, Mädchen und kleine Kinder. Die Gemeinde Nauheim möchte sich im Rahmen ihres Engagement als ‚Sicherer Hafen‘ insbesondere für Flüchtende einsetzen, die auf direkten Wegen aus den entsprechenden Regionen fliehen können.
  10. Budgetierung Die Gemeinde Nauheim nimmt für die Haushaltsplanung explizit eine Planposition ‚Flüchtlingshilfe/Schutzsuchendenunterstützung‘ ab dem Haushaltsjahr 2022 auf. Hier sollen zusätzliche Kostenblöcke budgetiert werden, die mit der Bereitschaftserklärung als ‚Sicherer Hafen‘ entstehen. Dies sind zunächst interne Verwaltungs-und Koordinierungskosten im Rahmen einer Stellenplanung. Darüber hinaus-gehende Kosten sind als Vorsorgeansatz einzuplanen und mit einem Sperrvermerk einzubringen, der von der Gemeindevertretung im Bedarfsfall aufgehoben oder verändert werden kann.

Begründung:

Erfolgt mündlich