Im Wortlaut: Presseanfrage zur jüdischen Gedenkstätte in Nauheim

Wir haben in der vergangenen Woche eine Anfrage seitens der Main-Spitze erhalten. Da wir naturgemäß nur verkürzt wiedergegeben werden, anbei der guten Ordnung halber die vollständige Antwort:

Die Fraktion der Grünen in Nauheim begrüßt grundsätzlich die Initiative der Nauheimer Landfrauen und kann sich gut vorstellen solch einen geforderten Gedenktag, z.B. an jedem 09. November zu begehen. Zu bedenken ist dabei, dass dieser Tag in der Deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts mit vielen wichtigen Ereignissen verknüpft ist und deshalb ja auch nicht zu unrecht der „Deutsche Schicksalstag“ genannt wird. Neben der Reichsprogromnacht 1938, ist dies der 09. November 1918 mit der Novemberrevolution und dem Ausruf der „Deutschen Republik“, der vereitelte Hitlerputsch 1923 und schlussendlich der Mauerfall 1989 als die wichtigsten Ereignisse. Dieser Tag ist also in vielfältiger – sehr dunkler, aber auch positiver – Weise mit unserem Leben verbunden.

Für die Organisation bietet sich aus unserer Weise viel eher eine gemeinnützige Organisation, wie die Kirchen, aber auch der mit geschichtlichen Belangen viel mehr verbundene Heimat- und Museumsverein in Verbindung mit der Gemeindeverwaltung oder dem -vorstand an. Leider gibt es in Nauheim nach unserem Kenntnisstand keinen jüdischen Verein, der bei der Organisation helfen könnte. Evtl. kann hier der jüdische Gedenkverein in Groß-Gerau zur Unterstützung angesprochen werden.

Dies ist aber sicherlich auch einer der Gründe, warum der Aufruf zum Gedenken bisher nicht von den Parteien gekommen ist. Priorität unserer Aktivitäten wird maßgeblich durch Ausbildung, Erfahrung und Lebenssituation unserer Mitglieder beeinflusst. Wir können mit der unserem Anspruch entsprechenden Intensität nicht in vorderster Reihe bei allen Veranstaltungen vorangehen, auch wenn wir uns der oben beschriebenen geschichtlichen Bedeutung dieses Tages bewußt sind.

Hinsichtlich des Standorts der Gedenktafel halten wir den Platz für nicht optimal gewählt. Es entstehen immer wieder Konfliktsituationen hinsichtlich der historischen Bedeutung dieser Gedenkstätte und dem Bedarf an Parkplätzen bei Veranstaltungen in der evangelischen Kirche, auf dem Heinrich-Kaul-Platz oder im Alten Rathaus. Es wäre durchaus Überlegenswert einen „prominenteren“ Standort für die Gedenktafel zu finden. Andererseits ist dieser Platz nicht unbegründet gewählt worden und es bleibt auch zu überlegen, ob eine großzügigere Ausgestaltung des Platzes evtl. zumindest das Problem lösen könnte, dass dort eben keine Fahrzuge mehr parken können. Vorschlägen stehen wir hierbei durchaus offen gegenüber.

Der Verlegung von Stolpersteinen stehen wir grundsätzlich offen gegenüber. Dennoch birgt auch diese Form des Gedenkens ein gewisses Konfliktpotential, das auch im Zentralrat der Juden kontrovers diskutiert wird. So ist es z.B. für Charlotte Knobloch „unerträglich“, dass auf den Namen ermordeter Juden mit „Füssen herumgetreten“ wird. In jedem Fall sollte hier auch eine historische Aufarbeitung als Begleitprojekt gestartet werden. Wir sind sicher, dass auch in Zeiten knapper Kassen sich eine Mehrheit in der Gemeindevertretung finden läßt solch ein Projekt zu unterstützen und evtl. lassen sich auch Fördergelder von Bund und insbesondere Land nutzen.

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