Über die Südumfliegung entscheidet nun wieder Kassel

LEIPZIG/NAUHEIM. „Es ist ein Urteil, das niemandem weh tut und sich alle ein wenig als Sieger fühlen lässt.“ Mit drei Tagen Abstand äußert sich der Fraktionsvorsitzende Marco Müller der Grünen in Nauheim zum Urteilsspruch des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom vergangenen Donnerstag. Müller war zusammen mit Bürgermeister Jan Fischer nach Leipzig gereist und hatte der Verhandlung beigewohnt.

Müller fühle sich in seiner Grundhaltung zur Südumfliegung bestätigt. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sei festgehalten worden, dass die derzeitigen Südumfliegungsrouten nicht geeignet seien, einen Kapazitätseckwert von 126 Fb/h zu gewährleisten. Dass gleichzeitig die derzeitig Südumfliegung als Interimslösung nutzbar sei, sei letztlich immer auch Position der Klägerkommunen gewesen. „Leipzig hat aber festgestellt, dass die Abwägung sich nicht an virtuellen zukünftigen Gegebenheiten auszurichten hat, sondern an tatsächlichen Notwendigkeiten“, ergänzt er. Da die Sachgrundlagen fehlten, sei die Entscheidung zum VGH Kassel zurückverwiesen worden.

In allen Entscheidungsgrundlagen zur Auswahl der Südumfliegung galt immer der Ausbaufall 2020 als Bezugsgröße und folgerichtig der unabhängige Betrieb als Ziel. Die aktuelle Südumfliegung könne diesen unabhängigen Betrieb allerdings ebensowenig gewährleisten, wie z.B. die Nachtabflugroute. Es stelle sich jetzt die Frage, ob sich diese Route nicht als lärmärmere Variante aufdränge.

„Irritiert bin ich von der Aussagen des Vorsitzenden der Fluglärmkommission, dass die Südumfliegungsfrage zuletzt nicht weggedrückt worden sei.“ So verweist Marco Müller auf den bereits 2012 von der Stadt Rüsselsheim gestellten Antrag die Nachtroute auch am Tag zu nutzen, den der Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe jetzt als Möglichkeit aufgreife. „Hier wurden 3 Jahre verschenkt!“

Das ewig wiederholte Mantra, dass die Südumfliegung als Kapazitätsoptimale Variante geplant sei, habe sich als falsch erwiesen. „Das sollte der Fluglärmkommission auch schon seit einiger Zeit bekannt gewesen sein.“ Immerhin habe dem Vorstand der Fluglärmkommission spätestens im Juni 2015 eine Analyse der Südumfliegung vorgelegen, die zeige, dass ein Kapazitätseckwert von 126 Fb/h mit der aktuellen Routenkonfiguration gar nicht erreichbar sei. Nauheims Bürgermeister Fischer habe dies auch im Vorstand der Fluglärmkommission in einem Antrag aufgegriffen. Die DFS habe sich allerdings geweigert vor dem Leipziger Urteil dazu Stellung zu nehmen. Im Oktober, so erinnert er, habe die DFS der FLK jedoch in ihrem Sinne eine Entscheidung zum Wegpunkte LISKU abgerungen, der letztlich eine Verschlechterung von Fluglärmbetroffenen bedeute.

„Sowohl die Fluglärmkommission wie auch die DFS sollten daran interessiert sein, Klarheit in der Frage der erreichbaren Kapazität zu schaffen, statt durch Verweigerungshaltung und nicht-Einfordern von Stellungnahmen diesen Punkt bewusst ungeklärt zu lassen.“ Diese Scheuklappen-Taktik könne nur dem Ziel dienen, mögliche unangenehme Fakten für die Bevölkerung längst möglich zu verschleiern.

Tatsächlich sei es jetzt an der FLK die DFS aufzufordern, eine Migrationsplanung vorzulegen, die aufzeige, „wohin die Reise bei einem Eckwert von 126 Fb/h geht.“ Zunächst müssten zügig Lärmberechnungen für alle möglichen Routenvarianten bei einem Eckwert von 98 Fb/h (bzw. aktuell 100+2) vorzulegen und die vorzugswürdige Route auszuwählen. Dann müssten aber auch die sich verändernden Routen für die Zukunft aufgezeigt werden. Müller erwartet, dass die aktuelle Südumfliegung noch bis zu 104-106 Fb/h als Hauptabflugroute nach Westen funktionieren können, danach seien andere Routen notwendig. „Auch die alten Nordwestabflugrouten als Überlauf funktionieren nicht ewig.“

Die für die Bevölkerung wichtige Frage lautet für ihn: „Wie muss zur sicheren Erreichung der vollen Kapazität von 126 Fb/h in Zukunft geflogen werden? Und: Wollen wir dann eigentlich noch, dass die Kapazität erreicht wird?“

Man könne nur mit dem Wissen, was tatsächlich droht, einen Plan entwickeln wie man darauf reagiert. Müller fordert deshalb die Bürgermeister der Hauptbetroffenen (Raunheim, Flörsheim, Rüsselsheim, Ginsheim-Gustavsburg, Mainz, Hochheim, Nauheim, Groß-Gerau und Trebur) auf endlich gemeinsam an dieser Frage zu arbeiten und an einem Strang zu ziehen.

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