Pressemitteilung: Südumfliegung einstellen

NAUHEIM. Marco Müller, der Fraktionsvorsitzende der Nauheimer Grünen, hat das Bundesamt für Flugsicherung (BAF) und die Deutsche Flugsicherung (DFS) jetzt schriftlich aufgefordert, den Betrieb auf der Südumfliegung „mit sofortiger Wirkung einzustellen“. Er nimmt in seinem Schreiben Bezug auf drei seiner Auffassung nach schwerwiegender Sicherheitsprobleme im Zusammenhang mit der umstrittenen Abflugroute und stellt in Frage, ob ihr Weiterbetrieb deshalb sogar strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen haben könnte.

„Der Betrieb auf der Südumfliegung ist hinsichtlich der geforderten Kapazität des Planfeststellungsbeschlusses nicht sicher abwicklungsfähig. Die DFS beginnt bereits heute damit, Flüge von der Südumfliegung auf den Nordwestabflug umzuleiten. Es ist absehbar, dass dies weiter verstärkt wird wenn die Kapazität ansteigt.“, argumentiert Müller in dem Brief und weiter: „Der unabhängige Betrieb auf der jetzt festgelegten Route der Südumfliegung mit dem der Startbahn West ist nicht wiederherstellbar.“ Die bisher eingeleiteten technischen Maßnahmen seien wirkungslos, was die DFS in einem Video zur Südumfliegung selbst zugebe. „Einzig der Faktor Mensch, also die Piloten, stellen derzeit sicher, dass ein Frühabdrehen der via Südumfliegung startenden Flugzeuge und ihr Eintritt in den Sicherheitsbereich Startbahn West verhindert wird. Damit aber ist die Sicherheit im unabhängigen Betrieb nicht mehr zu gewährleisten“, betont der Grüne, der auch Sprecher des Kreisverbands seiner Partei ist. Das Funkfeuer, welches am Ortsrand Nauheims eigentlich installiert worden sei, um die sichere Abwicklung von Flügen auf der Südumfliegung zu gewährleisten, bezeichnet Müller als „Problemverursacher“.

Müller warnt in dem Schreiben auch vor einem weiteren Problem, das am 21. Juni diesen Jahres mit der Notlandung der IBERIA-Maschine offenbar geworden sei, der beim Start vom Frankfurter Flughafen ein Triebwerk ausgefallen war. Die Notlandung sei damals gegen die aktuelle Betriebsrichtung auf der Südbahn erfolgt. „Dabei kreuzte die Maschine die Route der Südumfliegung. Und es war nur der Tatsache geschuldet, dass der unabhängige Betrieb von Starts auf der Südumfliegung und Starts auf der Startbahn 18 West derzeit ausgesetzt ist, dass es bei diesem Manöver nicht zu mehr als einer schweren Störung des Luftverkehrs gekommen ist.“, unterstreicht Müller.

In seinem Brief kommt er weiter auf seinen bisherigen Schriftverkehr mit verschiedenen Behörden und Institutionen zur Südumfliegung zurück. Bezug nimmt Müller dabei auch auf die „Schwere Störung“ vom 13.11.2011, als ein Airbus A380 beim Durchstarten die Flugkurve eines A320 zweimal gefährlich nahe gekreuzt und damit eine umfangreiche Untersuchung der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) ausgelöst habe. „In dem Zusammenhang müssen sich die Behörden die Frage gefallen lassen, ob man inzwischen aus politischen Gründen zu Lasten der Sicherheit der Menschen bewusst fahrlässig mit der Bearbeitung dieses Vorfalls umgeht?“, betont Müller. Denn der Untersuchungsbericht der BFU liege mittlerweile seit über 200 Tagen vor, ohne dass Maßnahmen zur Verbesserung der Situation umgesetzt worden seien. Schlimmer noch, so Müller, die DFS selber gebe an, die vollständigen Konsequenzen aus dem Zwischenfall erst bis Ende diesen Jahres umsetzen zu wollen.

Nach Auffassung Müllers verstießen BAF und DFS damit gegen eine EU-Verordnung (996/2010), die die Bearbeitung von Sicherheitsempfehlungen innerhalb einer angemessenen Frist fordere. Müller hierzu: „Vor diesem Hintergrund ist es unerlässlich, dass das BAF den Flugbetrieb auf der Südumfliegung mit sofortiger Wirkung einstellt. Sollte es zu einem weiteren Zwischenfall auf dieser Route kommen, muss die Frage gestellt werden dürfen, ob es hierbei um einen Verstoß gegen die §§315 und 315a StGB („Gefährlicher Eingriff in den Flugverkehr“) handelt und dieses Risiko grob fahrlässig in Kauf genommen wird?“

Abschließend formuliert Müller Fragen an BAF und DFS, um nochmals Hintergründe zur Entscheidungsfindung zur Südumfliegung zu beleuchten. Eine eventuelle „Selbstverpflichtung“ der DFS zur Reduzierung der Anzahl der Nordwest-Abflüge dürfe dem Sicherheitsaspekt bei der Routenfestlegung nicht entgegenstehen. Für ihn stelle sich nach dem Studium der Unterlagen grundsätzlich die Frage, warum die DFS die Südumfliegung in ihrer jetzigen Form überhaupt durchgesetzt habe. „Die ursprünglich in der Planfeststellung vorgestellte Variante konnte nach dem eigenen Gutachten der DFS nicht weiterverfolgt werden, da auch ohne Funkfeuer keine Unabhängigkeit zur Startbahn West hätte hergestellt werden können. Dies wurde dem Gremium der Fluglärmkommission zum Zeitpunkt der Abstimmung über diese Routen allerdings gar nicht mitgeteilt. Ich frage mich, warum?“, formuliert Müller.

Denn in der betrieblichen Wertung und bei Kapazitätsfragen schneide die Südumfliegung deutlich schlechter ab, als andere Routen. In Sicherheitsfragen sei die Südumfliegung, egal ob in Variante fünf oder sieben, nur mit Funkfeuer sicher zu betreiben, andere vorgestellte Routen benötigten keine Funkfeuer. Auch hier frage er sich nach dem Warum und werfe der Deutschen Flugsicherung vor, damit Ihre eigenen Grundsätze sowie die gesetzliche Vorgabe, den Flugverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln, zu verletzen.

Ebenso müsse die Frage gestellt werden, ob die DFS dies alleine mit Verweis auf §29b Luftverkehrsgesetz (Lärmschutz Hochbetroffener) mache oder aber „um den Planfeststellungsbeschluss und damit die Rechtmäßigkeit des Flughafenausbaus nicht noch einmal in Frage zu stellen? „Denn eines müsse doch klar sein: „Es geht hier nicht allein mehr um die wichtige Frage, wer bekommt wie viel Fluglärm ab? Es geht in Sachen der Südumfliegung inzwischen auch um die Frage, liegt damit ein Planungsfehler vor? Und welches Ausmaß hat dieser Fehler?“, erklärt der Grüne. „Denn für die im Planfeststellungsbeschluss veranschlagte Kapazität ist die Südumfliegung nicht geeignet. Selbst eine Erhöhung der Kapazität über das aktuelle Maß hinaus ist nach eigenen Aussagen von Prof. Scheuerle auf einer Pressekonferenz der DFS im Juni derzeit nicht mehr darstellbar. Zur Kapazitätserhöhung muss also zwangsläufig eine Verlagerung der Route eingeleitet werden. Warum aber verschweigen die Behörden das?“, fragt Müller abschließend.

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