Stellungnahme Flughafen und Fluglärm

Öffentliche Stellungnahme zum Thema Flughafen und Fluglärm. Ausgangspunkt ist ein Leserbrief von Herrn Horst H. Walter vom 28.08.2015 im Rüsselsheimer Echo:

Sehr geehrter Herr Walter, 

mit Bezug auf Ihren Leserbrief vom vergangenen Freitag, den 28.08.2015 aus dem Rüsselsheimer Echo möchte ich Ihnen heute eine erste Teilantwort geben. Teilantwort deshalb, weil es, wie Sie ja auch festgestellt haben, zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließende Bilanzierung zum Thema Fluglärm/Flugverfahren in der Nauheimer Gemeindepolitik darlegen lässt. Die abschließende Verhandlung der Klage der Gemeinde Nauheim vor dem Bundesverwaltungsgericht wird voraussichtlich Ende des Jahres stattfinden. Ich denke erst dann lässt sich festhalten, wie erfolgreich wir in dieser Frage tatsächlich waren. Ich bin in dieser Frage im Übrigen weiterhin optimistisch, da die Deutsche Flugsicherung (DFS) es bisher nicht geschafft hat, die Problematik der Abhängigkeit des Parallelbahnsystems und der Startbahn West (18W) zu lösen. 

Auch hat der Verwaltungsgerichtshof in Kassel in seinem Leitspruch festgehalten, dass „die Festlegung von Flugverfahren der sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung der durch den Planfeststellungsbeschluss vorgegebenen Kapazität diehnt. Daher kommt es für die Flugverfahrensfestlegung nicht darauf an, ob diese Kapazität gegenwärtig zur Abwicklung des Verkehrsvolumens benötigt wird.“ (Zitatende). 

Es muss also schon mit einiger Sicherheit auch dann zu einer Neufestlegung von Flugrouten durch die DFS kommen, wenn man an der Kapazität von 701.000 Flugbewegungen im Jahr festhalten will. Denn neben der Abhängigkeitsfrage zwischen Parallelbahnsystem und 18W bleibt weiterhin, die von der DFS festgesetzten und in diesem Jahr noch einmal ausgedehnten Tabuzone, als bestehendes Kapazitätseinschränkendes Problem bestehen. Genau an diesem Punkt habe ich zwischenzeitlich auch wieder angesetzt und zusätzlich zu den Aktivitäten unseres Rechtsanwaltes vor Gericht eine Eingabe bei der Fluglärmkommission (FLK) gemacht, die jetzt letztlich vom Vorstand behandelt und kommentiert werden muss. Diese liegt ebenfalls dem Verkehrsministerium vor. Da hierzu noch keine Antworten vorliegen, kann ich Ihnen noch keine weiteren Angaben hierzu machen. 

Sie sehen, hier ist sehr wohl Aktivität vorhanden. Zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht werde ich in jedem Fall wieder anwesend sein und danach werden wir als Fraktion auch etwas sagen. 

Daneben haben wir uns als Fraktion bereits zum den Themen Flachstartverfahren und Lärmpausen Stellung bezogen. Ich halte das Flachstartverfahren für den Nahbereich weiterhin für katastrophal in seinen Auswirkungen, die sich aus meiner Sicht auch in keiner Weise mit den Auswirkungen im Fernbereich aufrechnen lassen. Leider sind uns hier derzeit die Hände gebunden, wenn wir auch weiter darauf drängen, diese Entscheidung zu überdenken und auch andere Flugverfahren in die Betrachtung einzubeziehen. 

Bei dem Thema Lärmpausen sind die Auswirkungen auf derzeit Nauheim gering. Allenfalls das Entfallen von DROps (Dedicated Runway Operations) am frühen Morgen (5:00-6:00h), führt dazu, dass es keinen tageweise abwechselnden Betrieb der Centerbahn und der 18W mehr gibt. Da ein Großteil der Flüge allerdings frühzeitig nach Osten abdreht ergibt sich derzeit jedoch trotzdem nur eine geringe Mehrbelastung. Am Abend ist abhängig vom Verkehrsaufkommen zu beobachten, dass es zu leichten Entlastungen kommt, da vermehrt die 18W für Starts genutzt wird und zusätzlich durch den Entfall der Landungen auf der Nordwestbahn der Abflug über die alten TABUM-Routen wieder ohne Abhängigkeit möglich ist, was aus Gründen der Abhängigkeit zur 18W auch praktiziert wird. Für mich bleibt festzuhalten, dass das Modell zeigt, dass Einschränkungen möglich sind, die vom Betreiber auch getragen werden. Hier gilt es zu hinterfragen, warum diese eine Stunde Lärmpause je Bahn nicht auch auf je eine halbe Stunde Lärmpause auf beiden Bahnen Morgens und Abends umgewandelt werden könnte, um eine echte Lärmpause zu schaffen. 

Zu Ihren Fragen und Feststellungen zum Thema Frankfurter Fluglärmindex (FFI) kann ich Ihnen wie folgt antworten: Der Index selbst ist nicht neu. Die ersten Überlegungen gab es bereits 2007 im Regionalen Dialogforum und der Index wurde 2010 (genau am 17.03.2010) in einem Eckpunktepapier der Fluglärmkommission vorgestellt (siehe: http://www.flk-frankfurt.de/eigene_dateien/sitzungen/2009-2010/sitzung-208/top3-Praes-fr-barth-der-frankfurter-fluglaermindex.pdf). Der FFI soll hierbei die Fluglärmbetroffenheit messen. Die FLK selber verwendet dieses Index ebenfalls und er wurde neben der Lärmberechnung durch die DFS (NIROS) ebenfalls bei der Auswahl der Südumfliegungsvarianten bereits verwendet (siehe:http://www.flk-frankfurt.de/eigene_dateien/sitzungen/2011/sondersitzung-03-03-2011/top4-praes-fr-barth-indexergebnisse-suedumfliegung.pdf) und war somit bereits 2011 entscheidungsrelevant. 

Was tatsächlich neu ist, und hier kann ich die Verärgerung durchaus nachvollziehen, ist, dass man sich derzeit im Rahmen der Betrachtungen zum Thema Lärmobergrenze wieder intensiver mit dem FFI befasst und diesen ebenfalls in den Betrachtungen einfließen lässt. Grund hierfür ist schlicht und ergreifend, dass beide Modelle (also FFI und Lärmobergrenze) von Prof. Wörner (ehemals DLR, heute ESA) und seinen Mitarbeitern vorgedacht wurden und aufeinander aufbauen. Prof. Wörner verknüpft hierbei die Idee der Lärmobergrenze mit dem FFI und „denkt“ diesen weiter. Aus unserer Sicht ergeben sich allerdings viele neue und ungeklärte Fragen. Hierzu gibt es intensive Diskussionen in verschiedenen Arbeitskreisen, die oft akademischer Natur sind. Ich habe mit Prof. Wörner selbst schon zusammengesessen und mir das Modell vorstellen lassen. Mir sind die Betrachtungen derzeit noch zu abstrakt, als dass ich einen echten Mehrwert gegenüber festgelegten Fluglärmkonturen erkennen kann. Noch dazu jede Veränderung in den Strukturen zu Neuberechnungen führen müssten und der FFI selbst auch etwas mit Empfinden, bzw. dem Grad des „persönlichen-gestört-Fühlens“ zu tun hat, was sich im Laufe der Zeit ändern kann. 

Abseits von der Frage der Lärmobergrenze halte ich den FFI allerdings für nicht geeignet die Kapazitätsthematik zu lösen. Damit lassen sich zumindest keine Abhängigkeit zwischen Flugrouten und Start- und Landebahnen verbessern. Insofern gilt es zweierlei Dinge zu betrachten, nämlich die technischen Einschränkungen, die letztlich einen Korridor definieren, in dem dann die Auswirkungen bewertet und neue Verfahren festgelegt werden. Wenn Sie meine persönliche Meinung hierzu interessiert, halte ich die technischen Einschränkungen und damit die Verengung eines möglichen Korridors für so gravierend, dass die daraus resultierenden Auswirkungen, egal für welche Gruppe man sie rechnet und mit welcher Indexzahl man diese bewertet, hoch sein werden. Und ich hoffe, dass dies auch bei anderen Beteiligten dazu führt, dass man das Thema der Kapazität noch einmal neu bewertet und eine echte Diskussion über mögliche und notwendige Kapazität noch einmal zulässt. Für diese Forderung, die ich auch als Forderung der Vernunft bezeichne, stehe ich weiter ein. 

Sollten Sie weitere Fragen, Kommentare oder Anregungen haben, stehen wir Ihnen gerne weiter zur Verfügung. Darüber hinaus haben Sie immer Gelegenheit uns auch in der Fraktion zu besuchen und dort zu diskutieren.

Wenn Sie nichts dagegen haben, würden wir Ihren Leserbrief nebst Antwort unsererseits gerne auch für andere Interessierte auf unserer Homepage veröffentlichen.

Sonnige Grüße,

Marco Müller

Fraktionssprecher

Bündnis 90/Die Grünen in der Gemeindevertretung Nauheim

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